Interview

„Wasser ist ein Hidden Champion im Ruhrgebiet.“

Christina Zollmarsch im Interview

„Wasser ist ein Hidden Champion im Ruhrgebiet.“

Ein Gespräch mit Christina Zollmarsch, Projektleiterin bei Greentech.Ruhr (Business Metropole Ruhr)

Die Wasserwirtschaft im Ruhrgebiet gilt als einer der stillen Innovationsmotoren der Region – mit herausragender Infrastruktur, Forschungsexzellenz und wachsender Bedeutung im Strukturwandel. Im Interview mit Christina Zollmarsch von Greentech.Ruhr (Business Metropole Ruhr) sprechen wir über das Potenzial der Branche, aktuelle Entwicklungen und die Rolle von Netzwerken für Technologie und Transformation. Im Fokus steht auch die kommende Fachveranstaltung am 30. Juni bei Gelsenwasser, bei der fünf wegweisende Forschungsprojekte vorgestellt werden.

Frau Zollmarsch, was ist Greentech.Ruhr – und warum lohnt sich ein genauer Blick auf die Umweltwirtschaft im Ruhrgebiet?

Greentech.Ruhr ist ein Netzwerkprojekt der Business Metropole Ruhr, also der regionalen Wirtschaftsförderung. Wir haben es 2016 ins Leben gerufen, um gezielt die Umweltwirtschaft in der Region zu stärken – insbesondere durch Vernetzung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Die Umweltwirtschaft ist eine unserer stärksten und gleichzeitig zukunftsfähigsten Branchen im Ruhrgebiet. Sie spielt eine zentrale Rolle für die Transformation industrieller Regionen – auch mit Blick auf globale Herausforderungen wie Klimaanpassung und Ressourcenschonung.

Sie sprechen von Stärken – sehen Sie die Wasserwirtschaft als einen solchen Schwerpunkt?

Ja, definitiv. Das Ruhrgebiet ist durch seine Industriegeschichte und die hohe Bevölkerungsdichte eng mit dem Thema Wasser verbunden. Es geht dabei nicht nur um Versorgung und Abwasser – sondern auch um technologische Kompetenz. Wasser ist ein echter Hidden Champion im Ruhrgebiet: hochrelevant, aber oft unterschätzt. Der Ruhrverband oder auch die Emschergenossenschaft haben hier Maßstäbe gesetzt, etwa mit der Renaturierung der Emscher. In Bottrop betreibt die Emschergenossenschaft eines der größten und modernsten Klärwerke Europas – fast energieautark und bald mit vierter Reinigungsstufe.

Welche Rolle spielen Forschung und Innovation?

Eine zentrale! Wir haben nicht nur viele Hochschulen, sondern auch spezialisierte Wasserforschungseinrichtungen – wie das IWW Institut für Wasserforschung oder das Zentrum für Wasser- und Umweltforschung (ZWU) an der Universität Duisburg-Essen. Diese Partner forschen an konkreten Lösungen, etwa zur Wasserreinigung und Klimaanpassung. Und durch unsere Netzwerkarbeit bringen wir Forschung und Unternehmen gezielt zusammen.

Metropole Ruhr ist Innovationsmotor für eine nachhaltige Wasserwirtschaft. | Screenshot der Webseite 

Was tut sich aktuell an spannenden Innovationen im Bereich Wasser im Ruhrgebiet?

Wir beobachten besonders zwei Entwicklungen: Erstens datengetriebene Lösungen wie Hochwasserprognosen, bei denen Sensorik, Wetterdaten und Künstliche Intelligenz kombiniert werden – zum Beispiel beim Start-up Okeanos. Zweitens neue Reinigungstechnologien: Unternehmen wie Green Ocean oder Intrapore entwickeln Verfahren zur nachhaltigen Wasseraufbereitung – ob in Kläranlagen oder im Grundwasser.

Der Anspruch, Wasser immer noch sauberer zu machen, steigt – das erfordert kontinuierlich Innovation und neue technologische Ansätze. Mikroplastik, Arzneimittelrückstände – all das sind Themen, die vor zehn Jahren noch kaum jemand im Blick hatte.

Am 30. Juni findet Ihre nächste große Veranstaltung bei Gelsenwasser statt. Was erwartet die Teilnehmenden?

Wir stellen fünf aktuelle Forschungsprojekte zum Thema „Wassermanagement im Klimawandel“ vor – in einem kompakten, interaktiven Format. Eingeladen sind besonders Unternehmen, die sich über den Stand der Forschung informieren und mögliche Kooperationsansätze erkennen möchten.

Vertreten sind u. a. die Emschergenossenschaft, die Universität Duisburg-Essen, das IWW, Fraunhofer UMSICHT und die TU Dortmund. Die Themen reichen von digital vernetzter Sensorik in Städten („Smart Green City“) über resiliente Trinkwasserversorgung bis zu Nutzungskonflikten oder Auswirkungen der Wasserstoffwirtschaft auf die Wasserinfrastruktur.

Was macht das Format besonders?

Es ist praxisnah, dialogorientiert und definitiv regional verankert. Nach den Impulsen gibt es viel Raum für Vernetzung. Die kurzen Wege im Ruhrgebiet machen solche Veranstaltungen besonders effizient auch für die Vernetzung im Nachgang. Man kann sich unkompliziert austauschen – und das ist der Kern unserer Arbeit: Menschen zusammenzubringen, damit daraus Neues entsteht.

Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit im Bereich Wasserwirtschaft im Ruhrgebiet in den nächsten fünf Jahren?

Wir möchten unsere Aktivitäten im Bereich Wasser weiter ausbauen – insbesondere an der Schnittstelle von Klimaanpassung, Digitalisierung und Wasserwirtschaft. Ein Ziel für uns wäre ein eigenes Förderprojekt mit klarem Wasserschwerpunkt, über das wir neue Akzente setzen können. Über unsere "Innovation Bridges" mit den Niederlanden, Großbritannien oder Nordamerika wollen wir die Internationalisierung stärken, um unser Know-How zu exportieren und Innovatoren und Impulse in die Region zu holen. 

Wie sehen Sie die Rolle von Greentech.Ruhr dabei?

Wir verstehen uns als Katalysator: Wir zeigen Innovationen auf, bringen Akteure zusammen, schaffen Plattformen. Gerade in einem spezialisierten, technologiegetriebenen Sektor wie der Wasserwirtschaft ist das entscheidend. Und das Schöne ist: Die Rückmeldungen zeigen uns, dass wir damit echten Mehrwert stiften.

Was ist Ihr persönliches Highlight bei solchen Veranstaltungen?

Ich freue mich immer darauf, neue Menschen kennenzulernen und spannende Inhalte zu entdecken. Ich bin keine technische Expertin, sondern Netzwerkerin. Aber gerade das ermöglicht mir, viele Perspektiven zusammenzubringen – und das macht unseren Job so vielseitig und sinnstiftend.

Frau Zollmarsch, vielen Dank für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke in das Projekt sowie Ihre kommende Veranstaltung!

Projektleiterin von Greentech.Ruhr

Christina Zollmarsch

Christina Zollmarsch ist ausgebildete Werbekauffrau und Diplombetriebswirtin. Sie studierte Marketing und Kommunikation in Düsseldorf, Frankreich und den USA. Nach mehreren Jahren in Unternehmensberatungen sowie in einem mittelständischen Unternehmen wechselte sie 2018 zur Business Metropole Ruhr, um ihr persönliches Interesse an Nachhaltigkeit stärker in ihren Berufsalltag einzubringen. Dort leitet sie das Netzwerk Greentech.Ruhr.

Veranstaltungshinweis

Wassermanagement in Zeiten des Klimawandels

Was: Fachveranstaltung „Wassermanagement in Zeiten des Klimawandels“. Hier geben fünf aktuelle Forschungsprojekte Einblicke in smarte Sensorik, resilienten Wassereinsatz und neue Vernetzungsstrategien. Auch Kolleg:innen des KDW werden vor Ort sein. 

Wer: Greentech.Ruhr gemeinsam mit der Gelsenwasser AG
Wann: 30. Juni 2025, 13:00 - 17:00 Uhr
Wo: Willy-​Brandt-Allee 26, 45891 Gelsenkirchen